Wie sieht eine gute Wertungsmethode bei Ausschreibungsverfahren aus? Konkreter: Wie führt man am besten die Preiswertung mit der Wertung von Mehrqualitäten zusammen?
Die Schwierigkeit besteht darin, dass in herkömmlichen Verfahren Preis und Qualität in unterschiedlichen Einheiten bewertet werden: Euro-Beträgen stehen Punkte gegenüber. Angebote können zwar jeweils für jedes Kriterium isoliert in eindeutige Reihenfolgen gebracht werden, für die Gesamtwertung müssen beide „Welten“ jedoch auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Dies passiert üblicherweise durch die Umrechnung von Angebotspreisen in Wertungspunkten. Da die ausschreibende Stelle die Angebotspreise im Vorwege nicht kennt und auch nicht beeinflussen kann, greift sie dazu in der Regel auf Formeln zurück, bei denen sich die Wertungspunkte erst in Kenntnis der vorliegenden Angebote ermitteln lassen. Dabei erhält beispielsweise der niedrigste Angebotspreis die maximale Wertungspunktzahl und ein fiktives, doppelt so teures Angebot käme auf null Wertungspunkte. Auf der so festgelegten Wertungsskala können anschließend auch alle weiteren Preisangebote eingeordnet und in Punkten bewertet werden.
Die aktuelle Entscheidung des OLG München hat die Diskussion um das Thema neu belebt (OLG München, Beschl. v. 30.3.2017; Verg 10/16, ähnlich auch BGH, Beschl. v. 4.4.2017; X ZB 3/17). Die Rechtsprechung erkennt an, dass beim oben genannten Vorgehen ein von Verzerrungen gänzlich freier und zugleich praxistauglicher Ansatz zur Umrechnung von Preisen in Punkte kaum zu finden ist. Vor dem Hintergrund, dass es vergaberechtlich erwünscht sei, dass öffentliche Aufträge nicht nur nach dem günstigsten Preis vergeben werden, könne ein öffentlicher Auftraggeber unter mehreren suboptimalen Umrechnungsmethoden einen grundsätzlich geeigneten und vertretbaren Ansatz auswählen. Die Grenze zur Verfahrensrechtswidrigkeit werde, so der BGH, erst überschritten, wenn die Wahl und Ausgestaltung eines Wertungsschemas nur einem oder einzelnen Unternehmen eine realistische Chance auf den Zuschlag eröffnet.
Wirtschaftlich ist zu bemängeln, dass die Vergabestelle bei herkömmlichen Wertungsmethoden aufgrund der fehlenden Vorhersehbarkeit der Angebotspreise im Voraus nicht wissen kann, wie viel sie für einen Wertungspunkt in Euro bezahlen wird. Umgekehrt fehlt den Bietern ein wesentlicher Anhaltspunkt dafür, inwieweit eine Erhöhung des Angebotspreises zugunsten der Qualität die Chancen auf den Zuschlag verbessert. Das aus Sicht der Vergabestelle beste Preis-/Leistungsverhältnis kann sich so nur zufällig einstellen.
KCW schlägt eine Wertungsmethode vor, die geeignet ist, diese Schwierigkeiten zu überwinden. Sie setzt an der Wurzel des Problems an und vermeidet von vornherein die Verwendung unterschiedlicher Einheiten, also von Euro-Beträgen und Qualitätspunkten. Stattdessen definiert die Vergabestelle für jedes Qualitätskriterium ein Budget. Dieses steht dem erfolgreichen Bieter in dem Maße zur Verfügung, in dem er die Mindestanforderungen überbietet. Für die Wertung bedeutet dies: Ein Angebot, das eine bessere Qualität umfasst, erhält einen rechnerischen Abschlag auf den Angebotspreis. Dieser ist im Falle der bestmöglichen Mehrqualität so hoch wie das volle seitens der Vergabestelle bereitgestellte Budget. Den Zuschlag erhält entsprechend das Angebot, das unter Berücksichtigung des rechnerischen Abschlags das preiswerteste ist.
Dieser Ansatz ist vergaberechtlich möglich und wirtschaftlich sinnvoll. Die Vergabestelle signalisiert wie bisher, welche Mehrqualitäten gewünscht sind. Anders als bei herkömmlichen Verfahren kann sie aber sicher sein, diese Mehrqualitäten nur angeboten zu bekommen, wenn der dafür vorhandene Budgetrahmen nicht überschritten wird. Spiegelbildlich können Bieter direkt abschätzen, ob sich mit der Bereitstellung einer Mehrqualität die Zuschlagschance erhöht. Können sie eine Mehrqualität innerhalb des gesetzten Budgetrahmens anbieten, werden sie dies tun.