Zukunftsfähige Mobilität durch App-(Sammel-)Fahrdienste?

Zukunftsfähige Mobilität durch App-(Sammel-)Fahrdienste?

KCW untersucht möglichen Beitrag für eine hochwertige und nachhaltige Mobilitätsversorgung

Deutschland ist von der Vision eines lückenlosen öffentlichen Mobilitätsangebots weit entfernt. Während Energie, Internet oder die Post direkt ins Haus geliefert werden, kann von einem „Hausanschluss“ für öffentliche Mobilität keine Rede sein. Selbst in größeren Städten und Metropolen gibt es beachtenswerte Angebotslücken, vor allem in Schwachverkehrszeiten. Im ländlichen Raum muss die Versorgung vielerorts als rudimentär bezeichnet werden. Überall und jederzeit mobil sein – das geht derzeit scheinbar fast überall nur mit dem eigenen Pkw.

App-(Sammel-)Fahrdienste – das sind taxiähnliche Angebote, die Kunden nach Bedarf direkt an ihr Ziel bringen (auch diskutiert als „Ridepooling“ oder „On-Demand-Verkehre“) – könnten viele Lücken im öffentlichen Mobilitätsangebot schließen, zumindest in der Theorie. Entsprechend hohe Erwartungen werden derzeit von Anbietern und Befürwortern in die Öffentlichkeit getragen. Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung App-(Sammel-)Fahrdienste flächendeckend zulassen will, stellt sich die Frage, ob sie tatsächlich eine sinnvolle Ergänzung im Mobilitätsangebot sein können.

Diese Frage sollte KCW in einem Gutachten für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klären. Das Gutachten untersucht die Ausgangslage unter den Zielstellungen der Sicherung der Mobilität der Verbraucherinnen und Verbraucher, der Erhöhung der Lebensqualität in Städten durch Verminderung der Pkw-Fahrleistungen und Erhöhung der Effizienz der öffentlichen Personenbeförderung und der Stärkung des Umweltverbunds. Angesichts der Diskussion um die rechtliche Ermöglichung der App-Fahrdienste in Deutschland stellt das Gutachten die Erfahrungen dar, die international mit ihrer Regulierung und ihren verkehrlichen Auswirkungen gemacht werden. Im Ergebnis zeigt sich, dass mit einem kommerziellen Angebot nur in nachfragestarken Räume und Zeiten zu rechnen wäre, in denen parallel bereits ein leistungsfähiges ÖV-Angebot besteht. Außerhalb solcher Räume und insbesondere im ländlichen Raum werden sie hingegen wirtschaftlich nicht tragfähig sein; sie würden hier (hohe) Zuschüsse erfordern. Da die App-(Sammel-)Fahrdienste – wie Taxidienste auch – systembedingt mit Leerfahrten einhergehen, bedarf es ihrer zielgerichteten Steuerung. Bleibt diese Steuerung aus, können App-(Sammel-)Fahrdienste den klassischen öffentlichen Verkehrsangeboten erheblich schaden und den Umweltverbund insgesamt schwächen.

App-(Sammel-)Fahrdienste sind also keine Universallösung. Sie sind nur in bestimmten Fällen wirtschaftlich, notwendige infrastrukturelle Voraussetzungen sind oft nicht gegeben – und auch ihre Ökobilanz ist insgesamt durchwachsen, sie gehen systembedingt durch ihren Leerfahrtenanteil mit zusätzlichen Belastungen des städtischen Verkehrsraums einher. Daher bedarf es neben einer intelligenten Regulierung weiterer flankierender Maßnahmen, die die neuen Mobilitätsangebote in die richtigen Bahnen lenken. In der langfristigen Perspektive zeigt sich, dass es keine Alternative zur Weiterentwicklung des klassischen öffentlichen Nahverkehrs in Ergänzung zum Fuß- und Radverkehr gibt. Wir haben einen Katalog mit konkreten Handlungsempfehlungen aufgestellt, mit denen sich die Versorgungssituation mit öffentlichen Mobilitätsangeboten wirksam verbessern ließe. Das Gutachten steht hier zum Download bereit.